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Typische Laufsport-Erkrankungen und ihre Therapie

Expertentipps zu Läuferknie und Achillessehnenentzündung

Was vor 20 Jahren noch eher eine Ausnahmeerscheinung war, erfreut sich heute größter Beliebtheit in der breiten Laufgemeinde: Marathons, Ultra-Läufe oder Extrem-Runs wie auf der Kitzbüheler Streif. Aus verschiedenen Gründen kommt es immer wieder zu typischen Verletzungen, von denen diese zwei am häufigsten auftreten: 1) das Läuferknie und 2) die Achillessehnenentzündung.

Ursächlich sind meist ähnliche Aspekte. Zunächst ist eine zu schnelle Steigerung des Trainingsumfangs ausschlaggebend. Denn während die Muskulatur relativ schnell auf Belastung reagiert und kräftiger wird, benötigen Sehnen längere Zeit, um sich anzupassen. Dies liegt an ihrer vergleichsweise schlechteren Durchblutung und den Bindegewebsfasern (Kollagen), die langsamer um- bzw. aufgebaut werden können. Hinzu kommt, dass sich im Lauf des Trainings Fehler im Bewegungsablauf einschleichen können und so Überlastungserscheinungen entstehen. Oft spielen dabei der Laufschuh und der Abrollvorgang bei der Laufbewegung selbst die zentrale Rolle.

Expertentipp:
Moderne Laufschuhe greifen durch verschiedene Leisten und Protektoren in den Bewegungsablauf ein und können so gleichzeitig Fluch und Segen sein. Um eine derartige Einflussnahme im Rahmen der orthopädischen Fachsprechstunde zu erkennen, ist es daher gut, einen getragenen Laufschuh mitzubringen.

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Über den Autor: Dr. Robert Hammer ist neben seiner Spezialisierung auf die endoprothetische Versorgung von Knie und Hüfte als Sportorthopäde mit dem Schwerpunkt Laufsport tätig.

1) Was tun beim Läuferknie?

Der Klassiker: das Läuferknie, auch Iliotibiales-Band-Syndrom oder Tractus-Scheuersyndrom genannt. Laut Fachliteratur tritt es bei 28 % der weiblichen und bei 24 % der männlichen Läufer auf und betrifft vor allem Langstrecken- und Marathonläufer.

Im Mittelpunkt steht der Tractus iliotibialis, eine Bindegewebsplatte, die vom Becken zum Unterschenkel zieht. Als breiter und straffer Faserzug erfüllt sie eine „Zuggurtungsfunktion“ für den Oberschenkelknochen. Aus evolutionsbiologischer Sicht werden so das Stehen und Laufen ermöglicht.

Entstehung
Der Tractus verläuft oberhalb des Kniegelenks über einen Knochenvorsprung, der mit einem Schleimbeutel gepolstert ist. Durch Fehlbelastung jedoch kommt es an dieser Position zu einer Schleimbeutelentzündung mit entsprechenden Schmerzen. Ausschlaggebend dafür ist der Laufstil mit dem Abrollverhalten. Das Fersenlaufen mit entsprechendem Einwärtsknicken des Fußes (Pronieren) führt zu einer Innenrotation des Unterschenkels, was wiederum den Tractus über den äußeren Gelenkanteil des Kniegelenks (Epicondylus lateralis) scheuern lässt. Das Prinzip ähnelt dem Reiben eines Seils an einer Kante.

Wann treten ähnliche Beschwerden auf?
Aufgrund der räumlichen Nähe des Schmerzortes kann beim beschriebenen lateralen Knieschmerz auch ein Außenmeniskusriss (Läsion) vorliegen. Dieser lässt sich in der Regel mit einer klinischen Untersuchung und ggf. ergänzender Bildgebung einfach abgrenzen.

Therapie
Eine komplette Laufpause sollten PatientInnen mit einem Läuferknie möglichst vermeiden, allerdings ist es ratsam, den Trainings- umfang (deutlich) zu reduzieren – idealerweise beschränkt sich das Training nun auf ebene Strecken und Asphalt. Regelmäßiges Dehnen des Tractus und Kälteanwendungen nach dem Sport werden empfohlen. Ein weiteres Augenmerk sollte auf den Laufstil gerichtet werden. Eine Umstellung hin zu kürzeren Schritten und ggf. Mittel- oder Vorfußlaufen kann hilfreich sein. Kurze (!) Strecken mit Barfußschuhen können den Laufstil positiv beeinflussen. Zusätzlich kann es sinnvoll sein, den Laufschuh zu wechseln. Innovative neue Schuhkonzepte wie z. B. der „True Motion“-Laufschuh, der die Belastungsachse durch veränderten Sohlenaufbau zentriert, können für eine Entlastung des Läuferknies sorgen.

2) Wie mit Achillessehnenentzündung umgehen?

Die Achillessehnenentzündung gehört zu den häufigsten laufsportspezifischen Erkrankungen. Die Achillessehne verbindet die kräftige Beugemuskulatur am Unterschenkel mit dem Fersenbein. Dieses System spielt die wesentliche Rolle beim Abstoßen vom Boden und der Fortbewegung gegen die Schwerkraft.

Entstehung
Insbesondere beim Bergauf- und -ablaufen sowie im Sprint wird die Achillessehne einer erhöhten Belastung ausgesetzt. Durch zu schnelle Trainingssteigerung, Verkürzen der Muskulatur und sich einschleichende Fehler im Bewegungsablauf kann es zu einer entzündlichen Reaktion kommen. Dabei ist die Sehne meist im mittleren Drittel verdickt und schmerzhaft, zusätzlich besteht eine Muskelverspannung der Wadenmuskulatur.

Therapie
Im frühen Stadium kann eine Laufpause meist noch abgewendet werden. Am wichtigsten ist es, im weitgehend schmerzfreien Bereich zu trainieren und bergiges Terrain zu meiden. Auch der Wechsel des Laufschuhs gegen ein Modell mit höherer oder niedrigerer Sprengung (Absatzerhöhung) kann sinnvoll sein. Effektiv erweist sich zusätzlich das exzentrische Dehnen. Dabei stellt man den Zehenballen auf eine Treppenstufe und sinkt mit der Ferse soweit ab, bis eine Dehnung der Wadenmuskulatur auftritt. Aus dieser Position steigt man langsam und konzentriert auf die Zehenspitzen und sinkt dann langsam wieder ab. Diese Übung sollte zwei Mal täglich ca. 5 bis 10 Mal durchgeführt werden. Nach dem Sport sollten lokal Schmerzgel und Kälte zur Anwendung kommen und der Muskel gezielt durch Massagen, wärmende Gels oder Eigenübungen mittels Faszienrolle entspannt werden.

Expertentipp:
Teilweise unbemerkt kommt es durch Schonverhalten zu einer Umstellung des Laufstils, was die Schmerzentstehung ungünstig beeinflussen kann. Sofern die Entzündung dann nicht in den Griff zu bekommen ist, ist eine Laufpause unumgänglich. In dieser Phase sollte man dennoch nicht auf regelmäßige Dehnübungen und Muskellockerungen verzichten. Bei länger bestehenden, chronischen Schmerzen kann die Stoßwellentherapie eine sinnvolle Ergänzung darstellen. Hierbei werden durch hochfrequente Schallwellen die Stoffwechselaktivität und Durchblutung der Sehne aktiviert und verbessert.

Lassen sich diese typischen laufsportspezifischen Beschwerden effektiv vermeiden?
Ein hilfreicher Tipp ist es, regelmäßige Regenerationsphasen ins Training einzubauen, um die Muskeln zu lockern, den Bänder- und Sehnenapparat zu entlasten und die Energiereserven wieder aufzubauen.