Der Einsatz künstlicher Hüft- und Kniegelenke gehört zu den häufigen operativen Eingriffen in Deutschland. Auch immer jüngere PatientInnen lassen sich bei anhaltenden, lebenseinschränkenden Arthrose-Beschwerden mit einem Gelenkersatz versorgen. Sportlich Aktive stehen vor der Frage, ob dieser Schritt zugleich das Aus für ihren Sport bedeutet. Dr. Robert Hammer, der sich auf den Einsatz von Knie- und Hüftendoprothesen spezialisiert hat, erläutert die Fakten.
Für wen kommt der Eingriff in Frage?
Die Entscheidung für ein künstliches Gelenk in Knie oder Hüfte will mit Bedacht gefällt werden. Klagen Betroffene über eingeschränkte Gelenkbeweglichkeit und anhaltende Schmerzen, die auch im Ruhezustand, beim Aufstehen und Gehen und insbesondere unter Belastung auftreten, kann eine Endoprothese im betroffenen Gelenk für eine nachhaltige Verbesserung der Lebensqualität und damit auch zum wieder beschwerdefrei(er)en Ausüben des eigenen Sports sorgen.
Die Ursachen der Beschwerden verstehen
Dr. Robert Hammer, der zuletzt als Oberarzt am Klinikum Neustadt und davor am Waldkrankenhaus Erlangen mehrere hundert Patienten mit künstlichen Gelenken versorgt hat, erläutert, worin die Beschwerden begründet liegen. „Der Knorpel ist die Schlüsselfigur im Schmerzgeschehen: Er sorgt im gesunden Zustand für die maximale Gleitfähigkeit der Gelenkpartner. Wird er zunehmend geschädigt, führt dies zu einer Zerstörung des Gelenks und letztlich zu Schmerzen und Mobilitätseinschränkungen. Die Diagnose lautet Arthrose.“
Was man dabei wissen sollte: Arthrose wirkt sich nicht allein auf das betroffene Gelenk aus, sondern auch auf Sehnen, Muskeln und Bänder sowie die neuro-arthromuskuläre Steuerung, mit denen es eine funktionelle Einheit bildet. Daher kann es im Verlauf des Krankheitsgeschehens auch zu Muskelverkürzungen, Sehnenreizungen und Entzündungen kommen, was schließlich zum Muskelabbau führt. Betroffene sportlich Aktive leiden somit nicht nur unter dem reinen Gelenkschmerz, sondern auch unter den Begleiterscheinungen. Auch Fehlstellungen, Deformitäten, wie sie etwa nach Brüchen auftreten, fortwährende Fehl- und Überbelastungen oder entzündliche Erkrankungen (z. B. Rheuma) können Arthrosen begünstigen.
Expertenrat: Erwägung nach 3-6 Monaten konservativer Therapie ohne Besserung
Dr. Hammer rät: „Eine zeitnahe qualifizierte Abklärung ist ratsam, denn die Dauer des Krankheitsgeschehens vor einem operativen Eingriff ist auch entscheidend dafür, wie lange die Nachbehandlung dauert und ab wann Betroffene wieder sportlichen aktiv werden können.“ Als Faustregel gilt: Nach 3-6 Monaten erfolgloser konservativer Therapie und anhaltenden Schmerzen, empfiehlt es sich, den Einsatz einer Endoprothese abzuwägen. „Wir klären mit dem Patienten dabei zunächst, ob Begleiterkrankungen vorliegen, die den Erfolg des Eingriffs beeinträchtigen können. Dann besprechen wir, welches Implantat für die individuellen Bedürfnisse und Ansprüche geeignet ist. Schließlich nehmen wir mithilfe unserer praxiseigenen Software die exakte, computergestützte und individuelle Planung der Prothese vor. Auf diese Weise stellen wir eine möglichst optimale Versorgung des Patienten sicher.“
Ab wann darf man postoperativ wieder Sport treiben?
Nach dem Eingriff lautet die wichtigste Frage: Welche Belastung ist ab wann wieder möglich? Dr. Hammer erläutert: „Die erste Woche nach der Operation wird üblicherweise im Krankenhaus verbracht. Im Normalfall ist die Prothese voll belastbar, sodass die Mobilisation schon unmittelbar nach der Operation erfolgen kann.“ Nach dem Klinikaufenthalt schließt sich meist eine 3-wöchige Reha an, die stationär oder ambulant absolviert werden kann. Bereits nach diesen 4 Wochen kann man sich im Alltag in der Regel wieder ohne Schmerzen und im normalen Umfang bewegen. „Die vollständige Narbenbildung bzw. das Remodelling, also die Knochenregenration, ist nach 3 Monaten abgeschlossen. Weitere 3 Monate sollten für den Muskelaufbau eingerechnet werden. Dann kann man über eine Rückkehr zum Sport sprechen“, erklärt der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie.
Angemessene Bewegung und individuelle Sportentscheidungen
Zwar ist generell von Sportarten mit einem hohen Verletzungsrisiko abzuraten, um die Haltbarkeit des Implantats nicht zu gefährden. Doch Bewegung ist und bleibt auch nach einem endoprothetischen Eingriff das A und O der eigenen Gesunderhaltung. Ganz besonders gilt das für Menschen, die vor der Operation sportlich aktiv waren. „Nach einer Prothesenimplantation sind Sportarten wie Radfahren, Schwimmen, Wandern oder Walking besonders geeignet. Doch auch auf Golfen, Skifahren oder Tennis muss man nicht verzichten“, erläutert Dr. Hammer. „Wichtig ist, dass man diese Sportarten schon zuvor routiniert betrieben hat, sodass die Muskelsteuerung wie auch Sehnen und Bänder an die spezifische Belastung gewöhnt sind.“ Einschränkungen gibt es für invasivere und gelenkbelastende Sportarten wie Inlineskating, Eislaufen, Fußball, Handball oder Kampfsport. „Die Abwägung bei diesen Sportarten ist individuell. Pauschal davon abraten würde ich nicht, die jeweilige Entscheidung muss jedoch immer mit Bedacht getroffen werden.“
Der Erfahrungsaustausch mit dem Facharzt hilft, das eigene Körpergefühl und die Belastbarkeit des neuen Gelenks richtig einzuschätzen. Im Idealfall steht dann einem sportlichen Lebensalltag ohne Schmerzen nichts mehr im Wege.
Über den Experten
Dr. Robert Hammer ist auf die endoprothetische Versorgung von Knie und Hüfte spezialisiert und am Praxisstandort Neustadt bei Coburg tätig
Weitere Informationen erhalten Sie gerne im persönlichen Beratungsgespräch im Rahmen der Fachsprechstunde „Knie und Hüfte“ (Anmeldung unter 09561 733 48-12) sowie während der Ambulanztage von Herrn Dr. Hammer bei ortho sport neustadt zentrum.