Durchschnittlich 6.000 Schritte legen wir jeden Tag zurück, das sind hochgerechnet 50.000.000 im ganzen Leben. Somit umrundet jeder von uns die Erde ganze 3 bis 4 Mal zu Fuß. Wenn man bedenkt, was die eigenen Füße zu tragen haben, ist das durchaus erstaunlich. Dabei ist die anatomische Ausstattung für diese Ausdauerleistung vergleichsweise überschaubar: Neben dem Muskel-, Band- und Sehnenapparat sorgen im Fuß 28 Knochen, ein Längs- und ein Quergewölbe für Stabilität, Halt und Funktionalität. Der hohe Einsatzgrad hinterlässt häufig schon früh im Leben sichtbare Spuren. Zu enge oder hohe Schuhe, eine erbliche Disposition, aber auch Krankheiten oder Unfälle verändern das Aussehen und die Funktionalität der Füße. Ein „Bilderbuchfuß“ ohne Verformungen oder eingeschränkte Funktionen ist die absolute Ausnahme.
Besonders der Vorfuß ist von Fehlstellungen betroffen. Zu den häufig auftretenden Problematiken zählen deformierte Kleinzehen, bekannt als Hammer- oder Krallenzehen, Metatarsalgien (schmerzhafter Mittelfuß), Entzündungen im Kleinzehenballen und Großzehengrundgelenksarthrosen. Bis zu 23 % der 18- bis 65-Jährigen weltweit leiden unter der Ballenzehe, dem Hallux valgus.
Diese Deformität ist damit die am häufigsten auftretende Fehlstellung, von der deutlich mehr Frauen als Männer betroffen sind. „Weshalb ein Hallux valgus entsteht, lässt sich nur schwer diagnostizieren“, weiß Dr. Linda Mergner, die viele Jahre in der Abteilung für Unfallchirurgie, orthopädische Chirurgie und Handchirurgie am Klinikum Hof tätig war, bevor sie 2017 zum Fachärzteteam von ortho sport stieß. Die Behandlung von PatientInnen mit einer Ballenzehe gehört zu ihren täglichen Aufgabenstellungen. „Viele Betroffene sind unsicher, wie sie mit ihrer Diagnose umgehen sollen. Ich rate meinen Patienten je nach Beschwerdegrad und diagnostischem Bild zu einer frühen OP. Zwar muss längst nicht jede Zehenfehlstellung operiert werden. Doch ein Hallux valgus ist weitaus mehr als eine ästhetische Beeinträchtigung.“ Für viele, besonders jüngere Frauen ist es schwer, passende Schuhe zu finden, die keine Druckschmerzen verursachen und modisch aussehen.
Dr. Mergner ergänzt: „Aus medizinischer Sicht kommt hinzu, die Entwicklung einer Arthrose im Großzehengrundgelenk zu verhindern, die häufig durch die nicht behandelte Fehlstellung entstehen kann.“ Eine Entscheidungshilfe für den operativen Eingriff bieten die medizinischen Fakten: Die Fehlstellung der großen Zehe lässt sich in der Regel mit einer Nachtschiene und ohne operativen Eingriff nachhaltig nur beheben, solange das Skelett wächst. Bei ausgewachsenen Betroffenen schaffen Hilfsmittel wie weiche, weite Schuhe, Ringpolster, Einlagen und entzündungshemmende Salben lediglich vorübergehend Abhilfe. Sie sind jedoch keine therapeutischen Maßnahmen zur effektiven und dauerhaften Behebung der Hallux-valgus-Beschwerden. „Über die individuell geeignete OP-Methode entscheidet eine möglichst exakte Diagnose, die wir bei uns mithilfe mordernster diagnostischer Verfahren stellen“, erläutert Dr. Mergner, die dabei auch die Lebensgewohnheiten ihrer PatientInnen im Auge behält. „Es gibt aktuell über 100 verschiedene Operationsverfahren zur Korrektur eines Hallux valgus“, erklärt sie. „Rund 75.000 Eingriffe werden jedes Jahr in Deutschland durchgeführt. Es existiert hier also bereits ein sehr hoher Standardisierungsgrad, und die meisten Patienten sind bereits nach wenigen Wochen wieder gut zu Fuß unterwegs.“ Wird zu schnell operiert? Diese Gretchenfrage beantwortet die Expertin ganz klar. „Früher herrschte die Meinung vor, mit einem Eingriff tendenziell abzuwarten. Heute gibt es aktuellere Erkenntnisse. Die Hallux-valgus-OP ist leitliniengerecht, wir führen sie mit gutem Erfolg durch und können dadurch die Lebensqualität unserer Patienten maßgeblich verbessern“, so Dr. Mergner.
Und tatsächlich dauert es nicht lange, bis die PatientInnen wieder auf zwei gesunden Füßen stehen. Rund 5 Wochen nach dem Eingriff können sie mit einem Verbandsschuh unter Vollbelastung gehen. Reha-Maßnahmen sind nicht notwendig. Nach rund 3 bis 4 Monaten ist der operierte Fuß wieder voll einsatzfähig, insbesondere auch für sportliche Aktivitäten. Lediglich an den geschlossenen Schuh müssen sich die Betroffenen noch eine Weile gewöhnen. Dabei treten nun modische Aspekte in den Vordergrund. Denn vor dem Schuhregal kommt für den korrigierten Fuß wieder so gut wie jedes Modell in Frage.
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